Immer wieder fühlen sich Fotograf:innen dazu genötigt, ihre Fotos zu rechtfertigen. Dies beginnt beim Motiv und endet bei der fotografischen Umsetzung bzw. was man mit dem Foto aussagen möchte. Die Fotolinsen haben in der Folge 089 – Entschuldigungsfotos ihres Podcasts dieses Thema aufgegriffen und das hat mich dazu gebracht, meine Meinung ebenfalls zu formulieren.
Rechtfertigung Motivwahl
Warum muss sich jemand für seine Motivwahl rechtfertigen? Es bleibt doch jedem selbst überlassen, was er oder sie fotografieren und anschließend zeigen möchte. Wichtig ist, dass sich das Foto im gesetzlichen Rahmen bewegt und niemanden diskreditiert. Mehr Einschränkungen sehe ich nicht.
Auch, wenn es das dreimillionste Foto vom schiefen Turm von Pisa ist, es ist dein Foto, deine Umsetzung und kein Foto der Welt ist 100%ig gleich. Möchtest du es zeigen, zeig es. Niemand hat das Recht, dir das abzusprechen, oder die Existenz deines Fotos (bzw. die Veröffentlichung) in Frage zu stellen.
Rechtfertigung Umsetzung
Es ist ein Zeichen der Zeit, dass Menschen im Internet alles kommentieren müssen und vielfach ungefragt mit Kritik (Meinung) um sich werfen. Muss man das? Nein. Ist das angebracht? Nein. Außer, es wird darum gebeten und dann sollte die Kritik auf Augenhöhe geschehen und nicht bloß eine random Meinung darstellen.
Wie also damit umgehen? Ganz einfach: Gefällt das Foto dann freut sich der/die Fotograf:in sicherlich über einen entsprechenden Hinweis, vielleicht auch mit einigen Worten des Warums. Gefällt es nicht, weiterscrollen. Wird nach Kritik oder Verbesserungsvorschlägen gefragt, kann man durchaus etwas schreiben. Beachte aber, dass „Gefällt mir nicht“ weder eine Kritik, noch einen Verbesserungsvorschlag darstellt, sondern lediglich eine verzichtbare Meinung, eine Verschwendung von Energie und Zeit.
Schlimm dabei ist, dass gerade Anfänger durch solche Erfahrungen extrem verunsichert und in ihrer Entwicklung gebremst werden. Viele wollen ihre Fotos dann einfach nicht mehr zeigen und das ist wirklich sehr schade.
Freundlicherer Umgang miteinander gewünscht
Keine Ahnung, was mit einigen Menschen tatsächlich los ist, ich wünsche mir, dass wieder freundlicher und auf Augenhöhe miteinander umgegangen wird. Viele sehen die Fotografie als Hobby und streben weit weniger nach Perfektion, als es andere tun. Das ist zu berücksichtigen und es ist auch in Ordnung. Nicht jeder möchte perfekte Fotos und nicht jeder möchte darüber diskutieren, wie perfekte Fotos definiert sind. Viele wollen einfach nur fotografieren. Lassen wir ihnen die Freude und erfreuen wir uns an den Ergebnissen. Deal?
Das sehe ich auch anders. Kritik für Fotos gibt es generell kaum noch. Unangebracht ist nicht die hin und wieder mal vorkommende Kritik, sondern die Erwartungshaltung, selbst für die missglücktesten Schnappschüsse nur positive Reaktionen zu bekommen, wenn man sie der Öffentlichkeit zeigt. Es gibt Leute, die machen schiefe Bilder bei schlechtem Licht mit Handy und 50x Digitalzoom (d. h. das Bild ist nur ein aufgeblähter matschiger Pixelklumpen), zeigen diese in einer Gruppe, in der auch ambitionierte Fotografen aktiv sind, und beschweren sich dann mit viel Drama über die unverschämten Kommentare, wenn jemand wagt, die technischen Schwächen zu erwähnen.
Ähnlich verhält es sich bei Bildern, die bis zur Unkenntlichkeit kaputtbearbeitet sind. Da rechtfertigen sich die Fotografen immer mit „Geschmackssache“ und „scrollt doch einfach weiter“. Das sehe ich nicht ein. Wenn jemand gerne eine ganze Packung Salz in sein Essen schmeißt und das selbst gerne isst, von mir aus, aber wer so eine Mahlzeit anderen Leuten serviert, darf nicht erwarten, nur Lob für seine Kochkünste zu bekommen.
100%ige Zustimmung!
Eine Sache sehe ich anders: wenn ich ein Bild in Medien poste die ein direktes Kommentieren ermöglichen (gerade in Gruppen), muss ich mit Feedback rechnen und leben. Gerade Gruppen sind kein Dumping Ground um die Reichweite zu erhöhen sondern leben von der Auseinandersetzung. Wenn ich das nicht will, dann sollten die Bilder vielleicht eher auf der eigenen Homepage bleiben …
Wenn Gruppen gerade dafür da sind, oder z.B. auch reine Fotoposts ausklammern, dann ist das in Ordnung, da man beim Teilhaben an der Gruppe implizit seine Zustimmung gibt. Poste ich Bilder auf Twitter, Insta etc. verhält sich das anders und da sehe ich es als recht anmaßend an, wenn jemand ungefragt ein Foto zerlegt. Man geht ja auch nicht über den Hauptplatz und kritisiert das Gewand einer beliebigen Person, „weil man in der Öffentlichkeit mit Feedback rechnen muss“. Aber zugegeben, wenn das Feedback, sachlicher Natur ist, ok, meinetwegen, aber eine bloße Meinung á la „Das Foto gefällt mir nicht“ kann man stecken lassen.