Warum ich keine Fotos lösche
Während viele andere Fotografen ein rigoroses Löschen von Fotos propagieren, sehe ich dies für den Großteil (meiner) Fotografie völlig anders. Denn ich lösche kaum Fotos und warum das so ist, erkläre ich in den nachfolgenden Zeilen.
Wann lösche ich Fotos?
Fotografiere ich eine Immobilie, oder ein Portrait, dann lösche ich alle Fotos, die meinen Qualitätsansprüchen nicht genügen, sofort. Übrig bleiben lediglich die Fotos, zu denen ich stehe und bei denen es für mich in Ordnung ist, wenn mein Name dazu genannt wird.
Habe ich einmal richtig daneben gehauen, dann lösche ich dieses Foto auch.
Mehr aber auch nicht.
Datenmengen und Speicherplatz
Vor einiger Zeit war ich für einen Kurztrip in Budapest. Eine wirklich schöne Stadt, die du dir auf jeden Fall ansehen musst. Aus drei Tagen habe ich sage und schreibe 2.200 Fotos mit nach Hause gebracht. Zu meiner Verteidigung muss ich anmerken, dass ich zu Randzeiten (Blaue Stunde, Goldene Stunde) immer Belichtungsreihen aus zumindest drei Fotos mache. Dennoch, insgesamt schon eine ganze Menge, die natürlich auch irgendwo gespeichert werden muss.
Bei einer Auswertung über meine Reise- und Wanderfotos, diverse Streetfotografien usw. der letzten fünf Jahre, entstanden durchschnittlich über 10.000 Fotos pro Jahr.
Wenn ich Familiäres (Kinder, Ausflüge, Feste & Feiern) heranziehe, dann kommen nochmals gut 10.000 Fotos dazu.
Das muss alles gespeichert werden. Nicht nur einmal, sondern mehrfach. Immerhin möchte ich die Fotos nicht verlieren. Wenn du mehr dazu wissen möchtest, dann lies dir meinen Beitrag Backup für Fotografen durch.
Jedenfalls sind das riesige Datenmengen. Mit neueren Kameras und höheren Auflösungen wird die Speichersituation natürlich auch nicht einfacher.
Logische Maßnahme: Rigoros Fotos löschen.
Auswahl der tollen Fotos
Wenn ich von einer Reise oder einer Wanderung nach Hause komme, dann sehe ich mir die Fotos durch und suche mir die besten davon aus. Teilweise mache ich das auch schon unterwegs. Ich habe hierfür einen Auswahl-Workflow gefunden, der für mich ganz gut funktioniert.
Die ausgewählten Fotos bearbeite ich nach meinen Vorstellungen und verwerte sie. D.h. ich drucke sie mir aus, hänge sie mir an die Wand, zeige das eine oder andere Foto hier auf meiner Website, auf Instagram oder auch auf Twitter.
Wenn ich meine Top-Fotos gefunden und bearbeitet habe, könnte ich alle anderen Fotos löschen. Schließlich brauche ich diese nicht mehr. Warum also weiterhin aufbewahren?
Weiterentwicklung & Veränderung
Ich habe meine Fotos nie gelöscht. Vielleicht ist es auch ein Tick. Im Frühjahr 2019 begann ich erstmals eine Dankbarkeit darüber zu empfinden, dass ich meine Fotos nicht löschte. Damals hatte ich meine Fotos aus Catania, Sizilien, nochmals durchgesehen. Dabei stachen Fotos hervor, die mir gleich nach der Reise gar nicht so gut gefallen haben.
Einige der Fotos habe ich im Beitrag Streets of Catania zusammengefasst. Sie zeigen, wie die Stadt tickt! Darüber wird Emotion vermittelt. Dafür bedarf es nicht unbedingt klinisch sauberer Fotos.
Für mich war das ein kleiner Wendepunkt in der Fotografie. Gar nicht so sehr in der Art und Weise, wie ich die Welt sehe. Vielmehr, was davon ich zeige.
Das hat natürlich mit Weiterentwicklung zu tun, mit Veränderung. Natürlich kann man dies auf zukünftige Fotos, Reisen, Projekte, whatever, anwenden. Aber teilweise schlummern richtige Schätze in den eigenen Fotoarchiven. Mit dem notwendigen Abstand und der persönlichen Weiterentwicklung stehen sie für immer zur Verfügung und können ans Licht befördert werden.
Aus diesem Grund lösche ich ausschließlich Fotos, die mit Sicherheit keine Zukunft haben und auch nicht als abstrakte Kunst durchgehen.
Beispiel aus dem Archivsumpf
Ich hatte weiter oben bereits meinen Trip nach Budapest angesprochen. Die Fotos zeigen zum einen die wunderschöne Stadt, zum anderen die weniger schöne Seite. Bei meiner Auswahl blieben aber einige Fotos auf der Strecke, die sich mir erst vor kurzem erschlossen. Eines davon hat es auch in mein Projekt #fotomontag geschafft. Hier möchte ich einige Beispiele zeigen:
Nun muss jeder für sich entscheiden, wie er mit seinen Fotos umgehen möchte. Ich für meinen Teil sehe mich in meiner Vorgehensweise bestätigt. Ich werde mich nie fertig entwickelt haben und mich und meine Fotografie ständig verändern. Schön, wenn ich so aus meinen alten Fotos noch den einen oder anderen Schatz (zumindest für mich) hervorkramen kann.
Wenn du dazu eine Meinung oder eine Erfahrung gemacht hast, dann freue ich mich natürlich sehr, von dir zu lesen!
Updates:
2023-03-02: Erweiterung Fotos, Überarbeitung Text + Korrektur
Allzu größe Patzer werden gelöscht, der Rest wird aber auch archiviert.
Das habe ich so drin, da bei den analogen Arbeiten der Ausschuß ja auch nicht aus einem Negativstreifen rausgeschnitten wird.
Interessant werden diese „Archivleichen“ manchmal nach ein paar Jahren oder gar Jahrzehnten, da sich der Zeitgeist ja in einem stetigem Fluß befindet.
Und selbst wenn man nicht den Anspruch hat den Zeitgeist zu bedienen, so unterliegt der eigene Geschmack/Empfinden auch einer ständigen Entwicklung.
Hallo Norbert,
vielen Dank für den Gedankenanstoß! Bei mir gibt es zumindest bei den privaten Bildern nicht nur zwei Stufen (ausgewählt/abgelehnt), sondern synchron zu Lightroom mit „unentschieden“ noch eine dritte. Unter „abgelehnt“ fallen bei mir alle technisch schlechten Bilder (extrem über-/unterbelichtet, verwackelt oder anders unscharf). Die werden auch direkt gelöscht. Die guten „ausgewählten“ werden auch oft recht schnell bearbeitet und verwertet. Die „unentschiedenen“ Bilder versauern dann noch lange auf den Platten bis ich sie dann in einer spontanen Aufräumaktion noch einmal durchgehe.
Bei den beruflich gemachten Bildern bin ich deutlich rigoroser. Da gibt es auch nur zwei Stufen. Bei Hochzeiten, die ich hauptsächlich fotografiere ist das auch gar nicht anders möglich. Wenn der Auftrag abgeschlossen ist, werden die aussortierten Bilder gnadenlos gelöscht. Aber ich habe noch alle Hochzeiten, die ich je fotografiert habe auf der Platte. Falls irgendwann ein Paar mal seine Bilder verloren hat, kann ich sie so sehr glücklich machen 🙂
ojej … das gleiche Problem habe ich auch.
manche sind Jäger die andere Sammler … ich gehöre zu der zweite Gruppe und behalte ich zu 99% alle Bilder auf dem NAS Servo. Ob das Gut oder Schlecht ist … weis ich nicht aber habe ich schon Öfteren gemerkt das nach Monaten oder Sogar Jahren manche Bilder werden auf einmal neu Entdeckt . Hätte ich die gelöscht …. aber das weist Du selber .
allerdings Letzte Zeit habe ich angefangen die Sportbilder ( gerne mache ich Bilder bei Amateurhandball Mannschaften ) 1Monat nach dem Spiel zu Löschen … Bleiben NUR die die ich Irgendwann Veröffentlicht habe ( wegen mögliche Nachfrage ) der rest landet in Papierkorb
Viele Grüße nach Graz Marius aus Wuppertal
http://www.czoczo.de
Hallo Marius, vielen Dank für dein Feedback. Bei Sportbildern sehe ich das wie du auch, oder aber beispielsweise bei Hundefotos. Unscharfe Fotos werden auch mit großem Abstand nicht besser. Bei Städtereisen, Landschaften etc. kann sich mit der eigenen Erfahrung und dem zusätzlichen Know how durchaus einiges ändern. lG; Norbert