Bist du auch sehr überkritisch mit deinen Fotos und findest sie nicht gut oder vielleicht sogar schlecht und dabei bist du über die ersten technischen Hürden schon hinaus und anderen gefallen deine Fotos? Na, das kann an unterschiedlichen Dingen liegen. Aber schon mal vorne weg: Glaub an dich und erfreu dich mehr an deinen eigenen Fotos!
Social Media Bilderflut
Durch Social Media – und allen voran Instagram – werden wir mit einer Bilderflut überschwemmt. Viele dieser Fotos sind mehr als perfekt und entsprechen in keinster Weise der Realität. So werden sie aus mehreren Fotos zusammengesetzt, extrem bearbeitet und sollen aber dennoch den Eindruck erwecken, sie wären genau so aufgenommen. Wenn wir nun durchscrollen und in wenigen Sekunden sehr viele solcher Fotos sehen, dann macht das etwas mit uns, auch wenn wir das vielleicht nicht wahrhaben wollen.
Es werden Dinge in Frage gestellt, die anderen Menschen niemals auffallen würden.
Es entsteht der Eindruck, jeder müsse überperfekte Fotos abliefern. Das wird auch in ganz vielen Facebook-Gruppen auf die Spitze getrieben. In sogenannten Anfängergruppen werden Dinge diskutiert, die erstens für Anfänger und zweitens für Hobbyfotograf:innen absolut egal sind. Aber wirklich weitergeholfen wird ganz selten. Vielmehr bekommt man erzählt, was alles an den eigenen Fotos nicht gut ist. Viele haben teilweise Angst, Fotos herzuzeigen.
Das Ergebnis ist, dass wir beginnen, auf kleinste Details achten. Es werden Dinge in Frage gestellt, die anderen Menschen niemals auffallen würden. Für viele Fotografinnen und Fotografen da draußen sind aber genau diese nicht optimalen Details ein mega Problem. Schließlich macht eine kleine Imperfektion das ganze Foto unbrauchbar. Oder?
Es geht um DEIN Ziel!
Die viel wichtigere Frage ist doch, ob das Foto dem entspricht, was du selbst zeigen wolltest. Wenn es das tut oder die gewünschte Stimmung verbreitet, dann ist das doch gut! Kurz gesagt, geht es um dein Ziel, um deine Vorstellung.
Und wenn du Kritik möchtest, dann such dir Menschen, die in der Lage sind, konstruktive Kritik zu vermitteln. „Das ist schlecht“ oder „Das ist gut“ ist keine konstruktive Kritik, aus der man lernen kann. Vielfach gibt es Fotoklubs mit hervorragenden Menschen, die gerne helfen. Vielleicht ist das was für dich? Gerne kannst du aber auch in meinen Slack-Kanal kommen, hier helfen wir uns gegenseitig auf Augenhöhe. Schreib mir einfach.
Pixelpeeping
Pixelpeeping ist übrigens auch so ein Thema. Mit 200% Vergrößerung oder mehr werden die Fotos betrachtet. Ist wirklich noch alles gut erkennbar, gibt es leichte Unschärfen, wie scharf sind die Ränder? Und das für Fotos, die stark verkleinert und komprimiert auf Instagram gepostet werden. Keine Chance, die Qualität auch nur ansatzweise zu bewerten. Wen interessiert da eine 200%ig Ansicht?
Wenige von uns plakatieren Hauswände und die, die das tun wissen, dass der Betrachtungsabstand so groß ist, dass kleine Unzulänglichkeiten vermutlich auch nicht auffallen. Und wer mit der Nasenspitze die Hauswand berührt, der muss mit Pixelmatsch rechnen. Selber schuld, kein Mitleid 🙂
Mehr Gear für bessere Fotos?
In diesem Perfektionswahn versteifen wir uns vorzüglich auf Hardware. Liefert die Kamera genug Auflösung? Reicht ein APS-C-Sensor überhaupt aus, oder muss ein Kleinbild-Sensor her? Ach was, Mittelformat sag ich! Das Gewicht ist ja erstmal egal, das schleppen wir schon durch die Gegend. Um dann wieder ins selbe Muster zu fallen. Pixelpeepend fluchen wir über das Gewicht unserer Ausrüstung und dass die Qualität noch immer nicht ausreichend ist, denn bei 200% Vergrößerung finden wir noch immer Problemzonen.
Ich sag euch, verschwendet an diese übertriebene Perfektion nicht zuviel Aufmerksamkeit. Wer Gear kaufen möchte, der soll das bitte tun, aber dann der Liebe zum Gear wegen, aber nicht wegen einer Perfektion, die aufgrund der eigenen Unzufriedenheit nicht erreichbar ist.
Konzentriert euch auf eure fotografischen Fähigkeiten. Wenn ihr mit dem Belichtungsdreieck umgehen könnt, habt ihr den schwersten Schritt bereits getan. Fotografiert, was euch Spaß macht, betrachtet aber auch mal eure alten Fotos. Ihr werdet erkennen, dass ihr euch weiterentwickelt habt und genau daran kann man sich richtig gut erfreuen. Manchmal erkennt man auch, dass es Elemente gibt, die immer wieder zum Einsatz kommen, sich also ein eigener Stil entwickelt. Auch total super! Im Vordergrund soll der Spaß stehen, nicht der permanente Druck, 100% liefern zu müssen, denn dann macht das Hobby keinen Spaß mehr.
In diesem Sinne wünsche ich dir viel Spaß beim Fotografieren und Bilder, mit denen du selbst zufrieden bist.
PS: Ursprünglich habe ich den obigen Beitrag als Newsletter verschickt. Durch die hohe Resonanz habe ich mich jedoch entschieden, ihn auch als Beitrag hier am Blog zu bringen. In meinem Newsletter versuche ich auf wichtige und interessante Themen der Fotografie, meist fern von Kamera und Objektiv, einzugehen. Ich freue mich natürlich über ein Abonnement.
Hallo Norbert, ich will mich erst mal vorstellen: Peter Opitz, Rentner und Hobbyfotograf aus Sachsen seit c.a 15 Jahren, ca. 10 Jahre davon „digitalbegeistert“. Dann habe ich mich anstecken lassen von der manuellen Fotografie und bin seither zu ca. 60 % mit Altgläsern unterwegs an Systemkamera. Im Urlaub natürlich auch automatisch, aber ich habe immer alles dabei zum experimentieren und Lernen. Dadurch habe ich die Fotografie wiederentdeckt und bin glücklich darüber. Was hier in den Meinungen zum Thema Technik, Pixelwahn und dergleichen gesagt wird, ist auch voll meine Meinung. Jeder findet seinen Weg und ist glücklich mit den Bildern, die so geworden sind, wie man es sich wünscht. Ich war auch mal kurz dabei, meine Bilder mit der 200 % Ansicht zu bewerten, habe es aber wieder gelassen, denn wie gesagt, wer diese Ansicht nur nutzt, nur um „Krümel“ zu finden, geht am Thema Fotografie vorbei. Ich werde in Zukunft diese auch für mich nützliche Kommunikation gern nutzen, um weiter zu lernen und vielleicht auch anderen zu helfen. In diesem Sinn ein LG vom Peter
Hey Norbert,
beim Pixelpeeping (herrlicher Ausdruck!) habe ich mich ertappt gefühlt. Denn das mache ich tatsächlich recht häufig und ärgere mich dann über die unscharfen Bilder. Das sollte ich mir mal ganz dringend abgewöhnen. Denn ganz ehrlich? Bei anderen Bildern mache ich das auch nicht. Nur bei meinen eigenen komischerweise.
Überkritisch bin ich auch. Vor fast jedem Posting frage ich mich, ob das Foto auch WIRKLICH gut genug ist. Andere könnten es ja bestimmt besser…
Uff! Damit gehe ich mir oft genug selber auf den Senkel.
Danke für deinen wertvollen Beitrag. Der gibt mir sehr zu denken.
Sonnige Grüße,
Chrissy
Moin Norbert,
du hast in meinen Augen alles sehr gut auf den Punkt gebracht. Und auch die, ich nenne es einfach mal so, Probleme vieler Fotografen ans die Oberfläche gebracht. Pixelpeeping und auch die Diskussionen um das Gear. Mich würde wirklich interessieren, woher das Thema kommt. Klar, Technik finde ich interessant. Und auch Neuheiten. Aber darum geht es ja leider oft nicht. Man springt von einem Zug auf den Nächsten. APS-C -> Kleinbild- > Mittelformat.
Ich weiß als gar nicht, was man sich davon erhofft und auch wenn man sich die Investition in ein Mittelformat anschaut. Die meisten fotografieren privat und zeigen die Bilder auf Instagram (Was auch total in Ordnung ist). Ich glaube das ist mehr eine Art des Zeigens und Darstellung. Schaut, ich fotografiere mit Mittelformat. Das haben eben nur Wenige im Einsatz. Weil die technische Möglichkeiten, die einem eine Mittelformat z.B. bietet werden ja nur in wenigen Ausnahmefällen benötigt. Aber soll jeder Glücklich werden :).
In meinen Augen verliert man das Wesentliche aus dem Auge. Es geht doch um die Bilder, um das was der Fotograf erschaffen hat oder gesehen hat. Was er damit ausdrücken möchte. Lieber wird sich um: Welches Objektiv, Welche Kamera, Welche Settings …… gekümmert.
Und auch wie du es sagst. Man fotografiert doch, aus Spaß, aus Leidenschaft. Eigentlich für sich. Und das muss man sich auch immer wieder in den Kopf hämmern. Ich kann mich weiterentwickeln und mir Wissen aneignen. Aber ich muss aufhören mich immer zu vergleichen oder denken, ich muss das, was andere abliefern auch machen zu müssen. Sei es Bildstil, Look, etc.
Das fällt mir auch schon öfter auf, dass man gar nicht versucht, „SEINEN“ eigenen Stil zu entwickeln. Eher schaut man sich bei den Großen um und haut die Presets drauf. Und am Ende sieht das Portfolio ähnlich aus. Thema USP. Und dann fragt man sich. Wie finde ich meinen eigenen Stil. Glaube man beschäftigt sich oft mehr mit anderen, als sich mit einem Selbst und ist auch mal Stolz auf sein Schaffen und klopft sich auf die Schulter.
Naja. Viele Worte :).
Grüße
Markus
Servus Markus,
vielen Dank für dein wertvolles Feedback! Auch ich habe lange darüber nachgedacht, was denn eigentlich der Grund für dieses Verhalten ist. Was ich mir erklären kann ist: Gear ist vergleichbar. Mittelformat hat nachweislich ein besseres Rauschverhalten als Kleinbild usw. Mehr Megapixel sind mehr Megapixel. Vergleiche sind quantifizierbar und damit greifbar.
Die wirklich wichtigen Themen der Fotografie, sind aber nicht quantifizierbar, oder objektiv betrachtbar. Hier kommen Meinungen ins Spiel, Dinge, die nicht greifbar sind, die auch teilweise viel Aufwand bedeuten. Und deswegen konzentrieren sich viele auf das Thema Gear.
Ein weiterer Aspekt ist, was viele Likes bringt. Die Fotos müssen nicht gut sein. Auf Instagram wird vorgereiht, was knallige Farben hat und was andere dazu anregt, noch mehr Zeit auf Instagram zu verbinden. Nichts davon hat mit Qualität zu tun.
Schwieriges Thema.
LG Norbert
Hi Norbert,
auch dir Danke für die Antwort. Ja, das stimmt. Technisch sind natürlich große Sensoren von Vorteil. Rauschverhalten, Auflösung und und und. Wenn ich damit mein Geld verdiene und es wirklich benötige. Für mich kein Thema. Aber im privaten Hobbybereich. Oder selbst bei Hochzeiten. Wozu den Bomber mitschleppen? Damit ich dann sagen kann. Hey, ich fotografiere Hochzeiten im Mittelformat? Alleine das Gewicht den ganzen Tag schleppen. Ich habe hier ein kleines Buch von Henri Cartier Bresson. Herausragende Bilder (in meinen Augen). Aber Technik gabs damals nicht viel und man lernt doch. Es geht auch ohne schwere große technische Fotoapparate.
Vivian Maier, Bruce Gilden, Leibovitz, McCulin. Das sind alles Größen. Und schaut man sich deren Werke an. Dann siehst du es doch. Das sind Werke.
Und was Thema Likes angeht. Vergiss das Thema einfach. Da gibt es in meinen Augen auch keinen Zusammenhang. Hast viele Bekannte. Hast Likes. Auch wenn das Bild fotografisch jeglicher Grundlage entzieht. Und je mehr Filter und übertrieben wird, desto toller.
Oder auch die Umweltsünden Bilder der Hotspots. Das zieht die Menschen. Und das ist in meinen Augen ein Problem.
Lange Rede, kurzer Sinn. Es ist schwierig. Auf der einen Seite hat man nun Medien, die einem helfen, seine Werke einem breiten Publikum zu zeigen, auf der anderen Seite ist es eigentlich dafür gar nicht mehr angedacht.
Gruß
Markus
Toller Beitrag!
Ich geb einfach mal meinen Senf dazu. 🙂
Es wird meiner Meinung nach vieles verkompliziert. Man hängt sich an den kleinen Details auf und merkt nicht, dass man an dem Eigentlichen vorbei fährt.
Wenn man ein gemaltes Bild betrachtet, dann schaut man auch nicht als erstes ob die Winkel der Pinselstriche und die Straffung der Leinwand stimmt oder? Man betrachtet das Bild und überlegt, was einem der Künstler hier zeigen möchte.
Ich finde, dass die Zeit in die Frage nach dem „Warum“ ich etwas fotografiere bzw. „Was“ ich eigentlich zeigen möchte viel besser investiert ist als in die Frage nach dem „Wie“ ich das Foto am besten aufnehmen soll. Denn das „Wie“ kommt für mich zum Schluss.
Wie auch immer. Ich wünsch dir eine schöne Zeit.
Grüße
Hallo Richard,
vielen Dank für dein Feedback. Du hast es auf den Punkt gebracht. Volle Zustimmung von mir!
Viele Grüße, Norbert