Wer mit der Fotografie beginnt, merkt schnell, was es noch alles gibt. Was man noch nie fotografiert hat, was man noch unbedingt lernen muss. Im Laufe der Jahre probiert man sich aus und viele finden „ihr“ fotografisches Genre.
Wer fotografiert, beschäftigt sich über kurz oder lang auch mit RAW-Entwicklung und vielleicht auch mit Bildbearbeitung. Sehr experimentelle Auswüchse liefern mitunter sehr „interessante“ Ergebnisse. Mal übertreibt man, mal gewinnt der Minimalismus.
In über einem Jahrzehnt Fotografie habe ich mich an sehr vielem probiert, bin aber einigem auch bewusst aus dem Weg gegangen. Ich habe nach meinem „Stil“ gesucht, hab mir zwischendurch auch mal eingebildet, dass neues Gear für bessere Fotos sorgt und gelernt, dass dem nicht so ist.
Ich habe meine Fotos für sehr gut gehalten und gelernt, dass so viele Fotograf*innen da draußen viel Besseres liefern. Ich habe aber auch gelernt, mich nicht von anderen einschränken zu lassen oder mich mit anderen Fotograf*innen zu messen.
Und dennoch sitze ich nun hier und bin mehr als unzufrieden mit meiner Fotografie. Es ist nicht so, dass mir meine Fotos nicht gefallen. Das tun sie. Gerade in den letzten 2-3 Jahren waren sehr tolle Fotos dabei. Zum Einen hat sich damit natürlich auch der persönliche Anspruch verändert. Ich greife daher oft für ein Foto nicht mehr zur Kamera oder gehe auch gar nicht mehr zu einer Fotorunde. Zum Anderen habe ich aber auch das Gefühl, dass es Allerweltsfotos sind, die im Grunde jeder machen kann. Das Besondere fehlt.
Gerade in der Landschaftsfotografie ist es häufig so, dass zusätzlicher Aufwand, für schönere und seltenere Fotos sorgt. Man macht noch längere Ausflüge und längere Wanderungen. Man sucht sich Seen, die eben mal nicht von jedem Influencer einfach erreichbar sind und deren Fotos Social Media fluten. Dem steht jedoch ein großes ABER entgegen: Ich habe einen anderen Fulltime-Job, der diese Freiheit einfach nicht hergibt. Es ist nicht möglich, zur perfekten Zeit, tagelang in der Natur unterwegs zu sein, um die Fotos zu mache, die ich gerne machen würde. Von der Familie ganz abgesehen, deren Zeit ich dafür abzwacken müsste. Ein Dilemma.
„Sei doch zufrieden“, werden manche nun denken. Vielleicht sollte ich das auch. Aber ist es nicht dann doch unser Bestreben besser in dem zu werden, was wir gerne tun? Meines ist es. Also gibt es im Grunde nur zwei Möglichkeiten:
- Ich bin nicht in der Lage, mich weiter zu entwickeln und bessere Ergebnisse zu liefern, weil die Randbedingungen nicht gegeben sind, oder ich mir selbst im Wege stehe. Kann ich es nicht akzeptieren, muss ich aufhören und mir eine andere Beschäftigung suchen.
- Nachdenken, in mich gehen und eine Lösung für das Dilemma finden. Eine Möglichkeit schaffen, die Fotografie auszuleben und dennoch das Gefühl zu haben, etwas (zumindest für mich) Besonderes zu schaffen.
Ich mache mir dazu schon seit vielen Monaten Gedanken und lange Zeit haben sie sich um die falschen Themen gedreht. Beispielsweise um den Stil meiner Fotos und dessen Veränderung über die Zeit. Darüber, dass er mir bei einigen früheren Fotos besser gefallen hat, als der heutige. Nehme ich mir genügend Zeit für das einzelne Foto? Auch das war eine Frage, die ich mir stellte. Es begann sich im Kreis zu drehen.
Woran sind die Fotos überhaupt zu messen? Ich teile meine Fotos hier am Blog und auf einigen Social Media-Kanälen. Natürlich freut ein erhaltenes Feedback. Aber ist „Wow. Tolles Foto.“, „Awesome!“ oder „Love it!“ eine Bestätigung? Hilft es irgendwie der eigenen Fotografie? Nein, das tut es nicht. Und damit kommen wir schön langsam tatsächlich zum entscheidenden Punkt.
Man kann ein tolles Foto machen, es teilen/zeigen und zwei Sekunden später interessiert es niemandem mehr. Das schließt mich selbst mit ein. Was aber tatsächlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen kann (!), sind Serien. Projekte. Etwas, das mehr als nur ein simples Foto ist. Das man eventuell in Händen halten kann. Angreifen. Fühlen. Weglegen und wieder in die Hand nehmen. Weitergeben. Herzeigen und besprechen.
Die Motivation kehrt zurück. Auch die Ideen.
Ich bin noch nicht am Ende meiner Nachdenkphase, aber schön langsam finde ich eine Richtung, die mich weiter an der Fotografie festhalten lässt.
Vielleicht kennst du ähnliche Gedanken und möchtest sie mit mir teilen. Vielleicht hast du für dich auch eine (andere) Lösung gefunden. Ich freue mich auf jeden Fall über einen Kommentar.
Ich kenne das Gefühl nur zu gut. Ich fotografiere (aktiv) seit dem Beginn der Digitalkameras (ebenfalls hauptsächlich Landschaftsfotografie) und habe mich seit dem Beginn des (sozialen) Internets auch immer gerne inspirieren lassen.
Man probiert, Sachen nachzumachen, sich zu bessern, zu lernen. Auch selber Fotos hochladen/sharen hab ich zur Genüge gemacht – und dank Feedback (aber auch durch Selbstbeobachtung) einiges dazugelernt.
Dennoch kommt immer wieder mal der Punkt, an dem man „nicht mehr mag“ oder, wie du sagst, unzufrieden ist. Was hab ich da gemacht? Einfach mal eine Zeit lang nicht fotografiert. Zwar die gleichen Wanderungen gemacht, aber ohne Kamera. Einfach mal so die Natur genossen. Dann in andere Ecken des Internets geschaut und wieder was anderes probiert. Dein eigener Tipp mit Serien hat bei mir ganz gut funktioniert. Anstatt „schon wieder ein Naturfoto“ hab ich ein paar abstrakte Macros gemacht. Was auch immer, hauptsache eine Abwechslung, die einen ein bisschen fordert – aber in endere, mitunter interessantere Bereiche führt. Und dann mal wieder die Kamera auf eine „Standard-Wanderung“ mitgenommen.
Ich wünsch dir auf jeden Fall alles Gute in deinem Suchen!
Meine 2 cents:
Das Dreieck „Familie“, „Beruf“ und „Hobby“ ist genauso schwierig zu meistern wie „Belichtung“, „Zeit“ und „ISO“ – man muss immer einen Kompromiss eingehen.
Jedes Hobby ist ein Weg. Ein Weg der nicht immer gerade sein muss, der Umwege gehen kann. Und das wichtigste ist eigentlich den Weg kontinuierlich weiter zu gehen.
Was mir hilft sind (kritische) Freunde die mir offen Feedback zu meinen Ergebnissen geben.
Jegliches „Feedback“ auf den sozialen Medien bringen (bzw. brachten) mich keinen Schritt weiter.
(Ehrliches) Feedback, Reflektion und ein Weitergehen bringen mich voran.
Meine Bilder mache ich nur für mich als Erinnerung an den Moment und die Emotionen.
Ich wünsche dir ebenso deinen Weg zu finden.
Zwei Fragen die Du Dir selbst für Deine weiter Nachdenkphase stellen kannst:
1. Für wen fotografierst Du?
2. Warum fotografierst Du?
Vielleicht hilfts. 🙂
Vielen Dank für die Anregung. Diese Fragen sind seit langem beantwortet 🙂
Dann habe ich die Sinnkrise wohl falsch verstanden, sorry.
Erst mal, toller Beitrag 👍
bei mir ist die Fotografie seit 45 Jahren Begleiterin, eine sehr lange Zeit, in der ich aber immer den Fokus auf mein Ding gelegt habe. Ich mache Bilder für mich, für meinen Anspruch, für mein kritisches Auge und dann erst kommt vielleicht mal das ein oder andere Bild welches ich im INet teilen mag. Ich teile nicht viele Bilder, weißt du aber bestimmt. Wenn ich teile, dann um anderen einen kleinen Blick auf meine Leidenschaft, auf das was ich schön finde zu erlauben.
Ich habe in der Fotografie nie den Sinn verloren, oder das sie mir langweilig wurde. Mag sein, da ich sehr Emotional an den gemachten Bildern hänge, dass es deswegen für mich nie ein Infrage stellen dieses Hobbys gab.
Es stört mich auch überhaupt nicht, wenn ich Monate kein einziges Bild mache, dann war es eben nicht die richtige Zeit.
Liebe Grüße!
Hallo Norbert,
irgendwann, glaube ich, tauchen bei jedem engagierten fotobegeisterten Menschen ähnliche Gedanken auf, wenn auch vielleicht nicht so dramatisch wie du es schilderst.
Vielleicht nimmst du dir auch zu viel vor?
Du hast eine Familie, einen fordernden Beruf, gibst Technik-Tipps, versuchst nicht nur, selbst fotografische Erfahrungen zu sammeln, sondern gibst diese auch an Anfänger:innen in deinem Foto-Blog weiter, erstellst Foto-Challenges. Das ist bewundernswert und ganz schön viel.
Vielleicht solltest du manchmal etwas loslassen? Hier meine Erfahrungen zu diesem Thema:
Ich fotografiere seit über 40 Jahren und es hat sich im Lauf der Jahrzehnte von selbst eine gewisse Fokussierung ergeben, ohne dass ich krampfhaft danach gesucht hätte.
Irgendwann hatte ich auch das Bedürfnis, meine Fotos zu teilen, um Feedback zu erhalten und mich weiter zu entwickeln.
Damals, vor nunmehr 16 Jahren erstellte ich meinen “flickr” Account.
Mit einem Schlag hatte ich Zugriff auf eine weltweite Community von fotobegeisterten Menschen. Konnte deren Fotos sehen, Feedback geben und erhalten. Konnte einzelnen Fotograf:innen folgen und Follower:innen gewinnen.
Das gab mir den Anreiz, zu versuchen, meine Fotos möglichst “neutral” zu betrachten, indem ich mich frage, ob ich das Foto auch favorisieren oder kommentieren würde, wenn es jemand anderer gemacht hätte (was wahrscheinlich nicht immer gelingt).
Wichtig ist, das ganze als GEBEN und NEHMEN zu betrachten, d.h. Fotos, die einem gefallen, zu favorisieren (auf den Stern klicken), oder mit einem Kommentar zu versehen, was das Foto für dich interessant macht.
Ich schau mir also (fast) täglich hunderte von Fotos auf diese Art und Weise an.
Dabei versuche ich, locker zu bleiben, wenn ich sehe, dass Fotos, die ich nicht so aufregend finde, wesentlich mehr Klicks, Likes und Kommentare bekommen, als meine.
Ich selbst versuche eisern, einen hohen Qualitätsanspruch zu bewahren, so dass es Jahre gab, wo ich nur 7 oder 12 Fotos postete!
Interessantes Detail am Rande: ich bin seit über 3 Jahren Pensionist und habe festgestellt, dass ich nicht wesentlich mehr fotografiere als während meines Berufslebens.
Liebe fotografische Grüße
& alles Gute weiterhin
Seppi
Lieber Norbert,
wie du weißt beschäftigt mich das Thema auch. Sehr interessant, das es nicht nur mir so geht. Vor allem durch die überstylten Fotos in den diversen Medien, die mehr Nachbearbeitet als fotografiert sind, findet ( auch wenn man den Vergleich nicht will) man seine eigenen Fotos nicht so gut.
Toller Beitrag,👍